

Die süße Lüge: Wo sich Zucker versteckt, obwohl "gesund" draufsteht
Michaela Altenberger,
Zucker ist das neue Rauchen – nur dass wir ihn freiwillig konsumieren und dabei auch noch glauben, etwas Gutes für uns zu tun. Der Skandal? Die Lebensmittelindustrie hat es geschafft, uns Zuckerbomben als Wellness-Produkte zu verkaufen. Zeit für einen Reality Check.
Das große Versteckspiel beginnt im Supermarktregal
Smoothies gelten als gesund, oder? Ein 250ml-Fläschchen kann bis zu 25 Gramm Zucker enthalten – das sind sechs Teelöffel. Zum Vergleich: Die WHO empfiehlt maximal 25 Gramm Zucker pro Tag für Erwachsene. Mit einem "gesunden" Smoothie ist das Tageslimit bereits erreicht, bevor überhaupt gefrühstückt wurde.
Müsliriegel sind ein weiterer Klassiker. Sie werden mit Bildern von Haferflocken und Nüssen beworben, enthalten aber oft mehr Zucker als ein Schokoriegel. Ein durchschnittlicher Müsliriegel bringt es auf 8-12 Gramm Zucker – getarnt als "natürliche Süße" aus Honig oder Agavendicksaft. Spoiler: Zucker bleibt Zucker, egal ob er aus der Zuckerrübe oder der Agave kommt.
Die Wellness-Falle: Konkrete Beispiele aus dem Kühlregal
- Actimel bewirbt sich als gesunder Start in den Tag – für die Abwehrkräfte und die Verdauung. Tatsächlich stecken in 100ml des Classic-Drinks 10,8 Gramm Zucker. Das entspricht vier Zuckerwürfeln in einem winzigen Fläschchen. Wer morgens zwei davon trinkt, hat bereits die Hälfte der empfohlenen Tagesdosis Zucker intus.
- Fruchtzwerge gelten als der gesunde Snack für Kinder. Schließlich ist ja Obst drin, oder? Die Realität: 100 Gramm der Banane-, Erdbeer- oder Aprikosen-Variante enthalten 10,4 Gramm Zucker – das sind über drei Zuckerwürfel. Ein einzelner Becher wiegt etwa 50 Gramm, liefert also immer noch mehr als eineinhalb Zuckerwürfel.
- Das Dr. Oetker Vitalis Knusper Müsli mit Honig verspricht einen vitalen Start in den Tag. Bei 25,8 Gramm Zucker pro 100 Gramm entspricht eine normale Müslischale (etwa 50 Gramm) bereits mehr als drei Zuckerwürfeln – und das vor der Milch.
- Belvita Frühstückskekse werden als ausgewogener Start in den Tag vermarktet – mit Vollkorn und langanhaltender Energie. Die Wahrheit: 100 Gramm enthalten 15 Gramm Zucker, das entspricht fünf Zuckerwürfeln. Eine Packung wiegt meist um die 50 Gramm, also immer noch zweieinhalb Zuckerwürfel zum Frühstück.


Die Darm-Hirn-Achse leidet mit
Hier wird es interessant für alle, die sich für Neuro Longevity interessieren: Zucker ist nicht nur schlecht für die Figur, sondern sabotiert aktiv die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn. Zu viel Zucker füttert die falschen Bakterien im Mikrobiom, verdrängt die guten und führt zu Entzündungen.
Das Resultat? Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen. Die 90 Prozent des Serotonins, die im Darm produziert werden, können ihre Arbeit nicht mehr richtig machen. Kein Wunder, dass nach dem vermeintlich gesunden Frühstück um 11 Uhr wieder Heißhunger aufkommt.
Die Zutatenliste entschlüsseln
Die Lebensmittelindustrie ist kreativ beim Verstecken von Zucker. Hier die häufigsten Tarnungen:

- Agavendicksaft
- Ahornsirup
- Kokosblütenzucker
- Reissirup
- Gerstenmalzextrakt, Fruktose, Glukose, Saccharose, Dextrose, Maissirup – alles dasselbe in grün
Wenn Süßes, dann bewusst – als das, was es ist: eine Süßigkeit.
Für den Alltag gilt: Zutatenlisten lesen, nicht Marketing-Versprechen glauben. Selbst kochen oder auch backen, wo es geht. Und bei fertigen Produkten solche mit weniger als 5 Gramm Zucker pro 100 Gramm wählen.
Gesunde Alternativen, die wirklich funktionieren
- Statt Actimel: Naturjoghurt mit lebenden Kulturen, ein paar Beeren und ein Teelöffel Leinöl. Oder Kefir pur – enthält mehr probiotische Bakterien und keinen zugesetzten Zucker.
- Statt Fruchtzwerge: Griechischer Joghurt mit pürierten frischen Früchten. Wer es süßer braucht: eine zerdrückte reife Banane untermischen.
- Statt Knusper-Müsli: Haferflocken mit gehackten Nüssen, Samen und frischen Beeren. Selbstgemachtes Granola mit Nüssen und einem Teelöffel Honig für die ganze Portion.
- Statt Frühstückskeksen: Vollkornbrot mit Nussmus oder Avocado. Oder selbstgemachte Haferkekse mit Banane als einziger Süße.


Die beste Nachricht zum Schluss: Echte Lebensmittel – Gemüse, Nüsse, Fisch, Eier – brauchen keine lange Ergänzungen oder Zutatenliste. Sie sind, was sie sind. Und das reicht völlig.
